Wie ist mit kolonialer Raubkunst umzugehen? Diese Frage diskutierten Prof. Dr. Louis Henri Seukwa (HAW Hamburg), Dr. Mareike Späth (Landesmuseum Hannover) und Prof. Dr. Jürgen Zimmerer, moderiert von René Aguigah, im Forum für Zeitgeschehen der VolkswagenStiftung in Schloss Herrenhausen Hannover.

„Das größte Hindernis ist der fehlende politische Wille“, so Zimmerer einleitend – ein Standpunkt, dem Seukwa und Späth mehr oder minder zustimmten. Als Hintergrund verwies Zimmerer auf die Tendenz der Politik, die Verantwortung auf die Museen zu schieben, etwa in Form von Provenienzforschung. Späth betonte, dass Museen mit praktischen Problemen und politischen Rahmenbedingungen arbeiten müssten und nicht zu Sündenböcken gemacht werden dürften.

Seukwa und Zimmerer stellten anschließend beide die größere politische Bedeutung der Auseinandersetzungen um Restitutionen heraus. Die Debatte sei „aus den Museen zu befreien“, so Seukwa. Zimmerer verwies auf die Relevanz des Themas für die Beziehungen zwischen Europa und Afrika sowie die Notwendigkeit der Auflösung fortbestehender kolonialer Perspektiven. Bislang würde die Geschichte der letzten Jahrhunderte „immer nur halb“ erzählt, Europa unter Ignorieren des Kolonialismus als Hort von Menschenrechten, Demokratie und Aufklärung gefeiert.

Weiter kritisierte Zimmerer Blockadehaltungen bei bestehenden Restitutionsforderungen. Für bedeutende Objekte wie die Benin-Bronzen habe die europäische Seite der „Benin Dialogue Group“ etwa nur Leihgaben angeboten statt einer Restitution. Auch nähmen Politik und Museen öffentliche Forderungen aus afrikanischen Staaten nicht zur Kenntnis, solange diese nicht auf offiziellem Weg eingingen – was er mit Bezug auf das Ignorieren der Forderungen des tansanischen Botschafters als „Taschenspielertricks“ bezeichnete. Allgemein dürften nicht die europäischen Profiteure des Kunstraubes die Bedingungen der Restitution bestimmen.

Zur Aufzeichnung im Rahmen der Deutschlandfunk-Sendung „Wortwechsel“: https://www.deutschlandfunkkultur.de/koloniale-raubkunst-versoehnung-gelingt-nur-durch.1083.de.html?dram:article_id=471295

Foto ©K. Ebeling/VolkswagenStiftung, mit freundlicher Genehmigung
Von links nach rechts: R. Aguigah, Dr. M. Späth, Prof. Dr. L. H. Seukwa, Prof. Dr. J. Zimmerer, Dr. A. Wessler (VolkswagenStiftung)