In dieser Folge unserer Interviewreihe „Denkmalsturz“ sprechen wir mit Dr. Melanie Boieck, die ihre Dissertation zu „Post-Kolonialem Erinnerungsbewusstsein in Hamburg“ geschrieben hat.
Sie beleuchtet im Interview die Hintergründe der Errichtung des Wissmann-Denkmals an der Universität Hamburg 1922. Ursprünglich in Daressalam (Tansania) errichtet, war das Denkmal 1919 im Zuge der Abgabe der deutschen Kolonien in das Imperial War Museum in London überführt worden. Dabei macht Dr. Boieck deutlich, wie sehr die Geschichte des Denkmals mit dem hundertjährigen Jubiläum der Universität Hamburg verbunden ist: Beispielsweise war Justus Strandes, einer der Senatoren, die sich maßgeblich für die Gründung der Universität eingesetzt hatten, auch einer der Verantwortlichen dafür, dass das Wissmann-Denkmal überhaupt nach Hamburg kam. Strandes, der 1879-1889 für das Hamburger Unternehmen Hansing & Co. in Sansibar tätig gewesen war, engagierte sich als hanseatischer Gesandter in Berlin dafür, das Denkmal in seine Heimatstadt Hamburg zu überführen, nachdem es zusammen mit Denkmälern für Carl Peters und Hans Dominik den Briten abgekauft worden war. Was für ein politisches Signal Strandes und die Gruppe um ihn damit senden wollten, erläutert Dr. Boieck im Interview.
Die Standortwahl für das Wissmann-Denkmal gerade an der relativ frisch gegründeten Universität Hamburg war dabei alles andere als ein Zufall: Als Sitz des ehemaligen Kolonialinstitutes, aus dem die Universität hervorgegangen war, assoziierten viele Hamburger*innen das heutige Hauptgebäude weiterhin mit den früheren Kolonien. Bis die Hamburger Studierenden sich mit dieser kolonialen Vergangenheit der Universität auseinandersetzten, verging auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch einige Zeit. Was im Folgenden nach den Denkmalstürzen mit dem Denkmal geschah, legt Melanie Boieck in einem Ausblick am Ende dar.